# Corona und der Impfvergleich
Nina Winkler • 12. Januar 2021
Persönlich finde ich, dass Impfungen eine der größten Errungenschaft der Medizin sind, aber dennoch bin ich froh in einem Land zu leben, in dem es keine Impfpflicht gibt. Denn Eigenverantwortung und Wahlfreiheit sind ein hohes Gut! Genau darum ist es umso wichtiger die Menschen transparent und offen über Impfungen, deren Wirkung, deren Vorteile, deren Nachteile, aber auch deren Risiken zu informieren. Was mich stört, sind Vergleiche, die hinken: Wenn die grüne Klubobfrau „Im Zentrum“ (10.1.2021) die Impfung gegen Covid-19 mit einer Reiseimpfung vergleicht, dann werden hier wieder die sprichwörtlichen Äpfel mit Birnen verglichen. Es reisen schließlich nicht 100% der Österreicher ins Ausland, zumal diese Reisen weitestgehend Urlaubsreisen sind, aber 100% der Österreicher leben und arbeiten hier und wären von einer Impfpflicht betroffen. Schürt das nicht eher Angst, anstatt Vertrauen aufzubauen?
Jeder Kleinunternehmer in der Privatwirtschaft, jeder Sportverein, jede Familie war im letzten Jahr gezwungen aktiv, kreativ und vor allem flexibel zu werden. Von umfassenden Schutzkonzepten über Liefer- und Zustellservices bis hin zu neuen Geschäftsfeldern: Es wurde alles versucht, um über die Runden zu kommen. Aber was hat der Staat zwischenzeitlich gemacht? Die Kinderbetreuung wird noch immer als „unnötiger“ Bedarf gesehen, Home-Schooling findet in der selben Art und Weise statt wie im März (Stichwort fehlendes flächendeckendes Internet, fehlende Endgeräte, keine Sozialarbeit für Familien in schwierigen Situationen etc.). Das Contact Tracing funktioniert noch immer nicht, Anmeldesysteme werden aus der Hüfte geschossen anstatt langfristig geplant, Impfpläne fehlen ebenso wie die logistische Planung dazu und auch im Gesundheitswesen wurden weder Räumlichkeiten geschaffen noch Pflegekräfte lukriert. Leben wir tatsächlich in einem völlig überorganisierten und überbürokratisierten Hofstaat, der nicht nur einfach träge, sondern SEHR träge agiert?
Nach rund einem Jahr Corona ist dank der Wissenschaft immer mehr über das Virus bekannt. Man geht davon aus, dass eine durchlebte Krankheit eine Immunität für einen gewissen Zeitraum gewährt, aber man weiß inzwischen auch, dass der Nachweis einer positiven Erkrankung nicht zwingend heißt, dass man gleichzeitig infektiös ist. Dies müsste im Umkehrschluss doch bedeuten, dass bei positiv getesteten Personen, die nicht infektiös sind, das Epidemiegesetz nicht anwendbar ist?
Es melden sich immer wieder Wissenschaftler zu Wort, die fordern, dass Impfverweigerer etwaige Therapiekosten bei einer Corona-Erkrankung aus der eigenen Tasche zahlen müssen. Jetzt frag ich mich: Müssen das Raucher, die an Lungenkrebs erkranken, auch? Oder Übergewichtige, die an Diabetes leiden? Oder Unfallopfer, die sich nicht angeschnallt haben? Oder Wintersportler, die abseits der gesicherten Piste fahren? Oder Personen, die sich nicht gegen Zecken impfen lassen? Wer hat das Recht über das persönliche Verhalten und die Beweggründe jedes Einzelnen zu urteilen?
Es gibt die Annahme und auch entsprechende Berichte, dass die Impfung nur vor einer Erkrankung schützt, nicht aber vor der Übertragung. Das würde demnach bedeuten, dass die geimpfte Person zwar selbst nicht erkranken, sprich symptomlos ist, aber dennoch das Virus übertragen kann. Das würde ja bedeuten, dass eine Impfung in erster Linie für ältere Personen / die Risikogruppen sinnvoll ist. Warum werden dann derzeit in erster Linie medizinisches Personal und andere bevorzugte Berufsgruppen geimpft? Da werden zwar Krankenstände vermieden, aber keine Toten verhindert! Außerdem sind ab jetzt unzählige Superspreader unterwegs, die ohne es zu wissen, völlig unschuldig, weil sie ja geimpft sind und daher alles richtig gemacht haben, das Virus verbreiten! Ist das nicht kontraproduktiv?
Meine Corona-Erkrankung ist noch nicht sehr lange her, mein Laborbefund attestiert mir einen hohen Antikörperwert. Demzufolge kann ich derzeit und auf unbestimmte Zeit (man weiß nämlich nicht, wie lange die Antikörper tatsächlich anhalten und wie das Immunsystem bei einer erneuten Infektion reagieren würde) weder noch einmal am Virus erkranken, noch jemanden damit infizieren. Warum muss ich mich nach Ablauf der 3-Monatsfrist nach meiner Erkrankung trotzdem freitesten oder impfen lassen? Warum kann man unterschiedliche Gegebenheiten nicht unterschiedlich betrachten?
Es gibt derzeit keine gesetzliche Regelung für Personen, die bereits nachweislich eine Corona-Infektion durchgemacht haben. Entsprechend gelten für diese Personengruppe dieselben Schutzmaßnahmen wie für alle anderen. Obwohl davon ausgegangen wird, dass man eine Immunität aufbaut – es gibt hierzu bereits vielfache Studien. Berechtigterweise fragt mich meine Nachbarin, warum meine Tochter, die bereits nachweislich Antikörper aufweist, im Klassenzimmer weiterhin einen Mund-Nasen-Schutz tragen muss und warum ich dennoch eine Einverständniserklärung für eine Testung unterschreiben soll, für den Fall, dass es einen Verdachtsfall in der Klasse gibt. Laut Auskunft der Landes-Pressestelle müssen Genesene für zumindest 3 Monate nicht mehr in Quarantäne. Entsprechend werden sie nicht getestet, nicht in Quarantäne geschickt und womöglich in Zukunft auch nicht geimpft. Widerspricht sich das nicht?
Jetzt lese ich gerade, dass „laut Bildungslandesrätin Schöbi-Fink noch gar nicht klar ist, wann die Testkits in den Schulen eintreffen sollen. Sie sollten aber zum Schulstart verfügbar sein, so Schöbi-Fink. Die Landesrätin hält jedoch nichts davon, die Schulen auch noch damit zu beauftragen, Schnelltests vor dem Schulstart zu verteilen – ihrer Meinung nach würden die Schulleitungen dann zusätzlich belastet.“ Gestern habe ich von der Direktion der Schule, die meine älteste Tochter besucht die Nachricht bekommen, dass „am ersten Schultag im Präsenzunterricht (im Moment: 18. Jänner) in der ersten Stunde eine Klassenvorstandsstunde abgehalten wird, in der die Einverständniserklärungen eingesammelt werden sollen. Im Idealfall (die Selbsttestungskits sind bereits in der Schule eingelangt) wird dann gleich auch in dieser ersten Stunde die Testung unter Aufsicht des jeweiligen Klassenvorstands durchgeführt werden.“ Was stimmt jetzt? Oder ist es eh egal, weil die Schulen ohnehin erst nach den Semesterferien wieder aufsperren? Die Frage ist dann nur, was wir mit den 5 Mio Testkits machen? Können wir nicht endlich die Kinder in Ruhe lassen und wenigstens ihren kleinen Lebensbereich „normal“ sein lassen?
Ich frage mich im Moment, ob wir Menschen gerade dabei sind uns selbst auszulöschen? Vielleicht ist Corona die Antwort oder ein Warnsignal der Natur? Uns ist längst bewusst, dass wir „über unsere Verhältnisse“ leben und überbevölkert sind. Die Natur zeigt uns in Form von Naturkatastrophen auch immer wieder ihre Gewalt und Stärke, wenn sie sich zurückholt, was ihr gehört und was der Mensch künstlich zu regulieren versucht. Vielleicht sollten wir uns überlegen, was wir – außer Maske tragen, Abstand halten und impfen – sonst noch beitragen könnten? Wie wäre es mit Stärkung des Immunsystems, bewusster Ernährung, keine Massentierhaltung, Ressourcen schonen, nachhaltig leben, bauen und wirtschaften, Umwelt- und Klimaschutz, unsere Mobilität hinterfragen, um nur einige Beispiele zu nennen? Das Beste daran: Es gäbe am Ende zwei Sieger: die Natur und uns!
Immer wieder wird mir – vor allem von älteren Personen, die keine kleinen Kinder mehr haben – erklärt, ich soll mich doch nicht so anstellen. Es war schließlich meine Entscheidung Kinder in die Welt zu setzen. Jetzt solle ich mich auch um sie kümmern. Puhh – da muss ich doch zuerst mal schlucken. Denn ja, es war meine persönliche Entscheidung (die ich wieder so treffen würde) Kinder zu bekommen und ich habe mich in den letzten Jahren dieser Verantwortung immer gestellt. Unsere Kinder besuchten erst ab 3 Jahren an ausgewählten Vormittagen eine Spielgruppe, waren niemals bei einer Mittags- oder Nachmittagsbetreuung angemeldet, sie waren in keiner Ferienbetreuung, denn die habe ich genauso selbst übernommen, wie sämtliche Fahrdienste zu Trainings und Freundinnen. Zudem war ich bei tatsächlich jedem Elternabend, KEL Gespräch und Schulfest dabei – mehr noch, ich habe Dienste übernommen, Kuchen gebacken und Lehrergeschenke organisiert. Ich habe das gerne gemacht. Immer in dem Wissen, dass ich mich auf gewisse Gegebenheiten verlassen kann. Dazu gehört, dass Kinder ab 4 Jahren außerhalb der Ferienzeiten von Montag bis Freitag vormittags verlässlich gut betreut sind. Denn nur durch diese Verlässlichkeit, kann ich berufstätig sein und meinen Alltag organisieren. Mit dieser langfristigen Unplanbarkeit habe ich ebenso wenig gerechnet wie mit der Tatsache, dass ich meine Kinder jemals selbst unterrichten muss. Was anfangs ganz spannend war, endete in meiner Erkenntnis, dass ich mich aus gutem Grund dazu entschieden hatte nicht Lehrerin zu werden. Aber nicht nur der fehlende Schulalltag stellte mich als Mama auf eine harte Probe, auch die Freizeitgestaltung ist plötzlich eine andere. Alles, was uns bis dato zur Gestaltung dieser „ach so wertvollen Familienzeit“ zur Verfügung gestanden hat, ist plötzlich geschlossen: Hallenbäder, Seilbahnen, Indoor-Spielplätze, Sportstätten, Kinos, Theater, ja sogar Bibliotheken und Geschäfte sind zu. Und dann habe ich wieder diese ältere Person im Ohr, die mir sagt „Früher hat es das auch alles nicht gegeben, da haben die Kinder im Wald gespielt!“. Ja verdammt, aber es ist nicht mehr früher! Denn wenn wirklich früher wäre, dann hätten wir gar keine Krise. Denn früher gab es überhaupt nicht so viele über 70-jährige, da wäre Corona wahrscheinlich beinahe unbemerkt an uns vorbeigezogen. Hat darüber schon mal jemand nachgedacht? Und darf man das überhaupt laut aussprechen?
Ich war doch erstaunt, wie schnell ich in den letzten 10 Monaten einem Rollenbild entsprochen habe, das ich eigentlich in den 70er Jahren vermutet habe. Plötzlich war ich keine berufstätige Frau mehr, sondern war ausschließlich Mama, Erzieherin, Lehrerin, Köchin und Putzfrau. Zurück an den Herd, die Rollen waren klar und schnell verteilt, und dann musste ich tatsächlich erkennen, dass es viele Männer gibt, denen das gefallen hat (oder immer noch gefällt). So nach dem Motto: Ich finde es schön, dass du immer da bist und dich um uns sorgst. Wegrennen ging nicht, aber wir sollten schleunigst damit beginnen, mit diesen Klischees wieder aufzuräumen, denn eines ist klar: Die Frauen sind die größten Verliererinnen der Krise. Und darum lese ich unserer jüngsten Tochter jeden Abend mein Lieblingskinderbuch vor: „Denn fürs Kochen, Schrubben und Wäsche waschen allein, bist du viel zu schade.“ (Aus: Ottfried Preußler „Die dumme Augustine“, 1972)